Für die meisten Kriegsgefangenen brachte das Kriegsende noch nicht die Rückkehr in die Heimat. In Gefangenenlagern in Nordamerika, England, Frankreich oder Nordafrika warten sie auf den Tag ihrer Entlassung. Russische Kriegsgefangene kannten ein schlechteres Los als die Gefangenen der West-Alliierten. Während letztere ihren Angehörigen schreiben konnten und ein erträgliches Lagerleben kannten, wussten die Angehörigen der russischen Gefangenen nichts über deren Schicksal, das sich u.a. durch harte Arbeit und schlechte Verpflegung kennzeichnete.
Die Befreiung durch die Alliierten war in unserem Gebiet der Auftakt zu einer undifferenzierten Säuberungspolitik, die nach Kriegsende durch die wieder in Kraft getretene Verwaltung, durch die Justiz und durch politische Kreise betrieben wurde. Die als zu lasch empfundene Einstellung gegenüber den „neuen Belgiern“ in der Vorkriegszeit sollte nun einer entschiedenen und unerbittlichen Haltung weichen. Zwangseingezogene Wehrmachtssoldaten, Freiwillige der Wehrmacht oder der SS, Kollaborateure, pro-deutsche Aktivisten und Mitläufer der Vorkriegszeit wurden undifferenziert behandelt und bestraft. Das Misstrauen, das der ostbelgischen Bevölkerung nach Kriegsende entgegenschlug und sich in Zivismusprozessen, Suspendierungen, Gefängnisstrafen, Ausbürgerungen, ... niederschlug, stellte nach den 5 Jahren des Naziregimes ein weiteres Unrecht gegenüber der Bevölkerung dar. Die Denunziation bescherte dem Militärauditor in Eupen und Malmedy mehr als 16.000 Akten. 1.503 Personen wurden verurteilt; fast keine Familie blieb von den Folgen der Säuberungswelle verschont
Die materielle Not in St.Vith und den zerstörten Dörfern war unbeschreiblich, dennoch fehlte es den Überlebenden nicht an Durchsetzungskraft, Einfallsreichtum und Solidarität. Viele „Sinistrierte“ lebten noch bei hilfsbereiten Menschen in den umliegenden Dörfern oder waren aus der Evakuierung noch nicht wieder zurück. Die wenigen Bewohner organisierten ihren Alltag aus bescheidenen Mitteln, denn Nahrungsmittel, Rohstoffe und Materialien waren rationiert. Hunger war allgegenwärtig und Spenden kamen erst sporadisch. Zurückgelassene amerikanische Nahrungsmittel linderten die größte Not.
Das, was an wenigen Tagen zerstört wurde, brauchte über 20 Jahre, um wiederzuerstehen. Nachdem die Trümmer der zerstörten Stadt zum „Millionenberg“ aufgeschichtet wurden, konnte der Wiederaufbau beginnen. Hier wie auch in den verwüsteten Dörfern der Büllinger Gegend wurden Notunterkünfte errichtet und nur allmählich kehrten die Menschen an ihre Wohn- und Arbeitsstätten zurück.
Durch die Grenzlage unseres Gebietes gehörte auch der Schmuggel zum Alltag der Nachkriegszeit. Im zerstörten Deutschland herrschte bitterste Not und vor allem mit Kaffee und Zigaretten konnte das große Geld gemacht werden. Aber auch Kartoffeln und Fleisch wechselten gegen Hausrat, Schmuck oder andere Güter den Besitzer.
Die Grenze war dicht und in einigen deutschen Ortschaften (Bildchen, Lichtenbusch, Losheim und Hemmeres) übte Belgien hoheitliche Rechte aus („Bollenien“), die jedoch im Rahmen des deutsch-belgischen Grenzvertrages vom September 1956 wieder zurückgegeben wurden.
In den 1950er Jahren zeigten sich erste Äußerungen einer regionalen Identität, die sich sowohl durch religiöse Traditionen als auch durch muttersprachliches Bewusstsein äußerte. Der belgische „Schulkampf“, ausgelöst durch die sozial-liberale Schulpolitik in Brüssel, erfasst auch das St.Vither Land, wo eine „machtvolle“ Demonstration Kontrapunkte setzt. Trotz des Versuchs, die französische Sprache in Ostbelgien zu etablieren gab es staatlicherseits auch Bemühungen, durch Radiosendungen den Deutschsprachigen in ihrer Muttersprache zu begegnen. Private Initiativen, wie das Volksbildungswerk, bemühten sich indes, den hiesigen Bewohner deutsche Kultur nahe zu bringen – oft unter argwöhnischer Beobachtung der Staatssicherheit.