Ohne die Ausnutzung des Schienennetzes im In- und Ausland hätte das deutsche Heer im Ersten Weltkrieg den Anforderungen eines Mehrfrontenkrieges nicht entsprechen können. Die Eisenbahn galt als „Rückgrat und Lebensader” der militärischen Operationen. Der Chef des Feldeisenbahnwesens, Generalmajor Wilhelm Groener (1867-1939), kommandierte ein Heer von einer halben Million Untergebenen, die dafür Sorge zu tragen hatten, dass das Streckennetz die erforderliche Ausdehnung und die taktische Flexibilität zur Durchführung der kriegswichtigen Maßnahmen bereitstellte.
Die Nutzung und der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur hatte also kriegsentscheidende Bedeutung; der Erste Weltkrieg war, zumindest aus deutscher Sicht, ein regelrechter „Eisenbahnkrieg“.
Schon nach dem deutsch-französischen Krieg (1870-71) sicherte die neue Reichsverfassung vom 16. April 1871 (Art. 41-47) dem „Großen Generalstab“ unbedingtes Mitspracherecht in allen Fragen des Ausbaus der Eisenbahninfrastruktur zu. Die Interessen der Militärs wurden vom Reichseisenbahnamt wahrgenommen. Zunächst galt die Aufmerksamkeit nur den Hauptbahnen, doch mit dem Anwachsen des Schienennetzes erlangten auch die Nebenbahnen militärische Bedeutung. Die Militärs achteten vor allem darauf, dass Militärzüge in beide Richtungen mit erhöhter Geschwindigkeit verkehren konnten, dass diese ohne Komplikationen in die Anschlussbahnhöfe gelangen konnten, dass keine Gleiskreuzungen diesen Verkehr behinderten und dass Rampen in ausreichender Zahl und Länge vorhanden waren.
Die zur Ausführung dieser Arbeiten erforderlichen finanziellen Mittel standen aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs in ausreichendem Maße zur Verfügung. So entstanden einige Rheinbrücken und die entsprechenden Anschlussstrecken ins westliche Grenzgebiet, wie z.B. die Strecke Remagen-Ahrweiler-Dümpelfeld (1860) oder die Linie Andernach-Mayen-Daun-Gerolstein (1880-1895). Auch die Verdopplung des Gleises auf der Vennbahn ist aufgrund militärischer Planungen erfolgt und nicht nur dem Anstieg des Güterverkehrs zwischen Aachen und Luxemburg geschuldet.
Im Zuge des Schlieffen-Plans (1905) wurden diese Strecken weiter in Richtung Westgrenze besonders im Zuständigkeitsbereich des linksrheinischen Bezirks der Eisenbahndirektion Köln ausgebaut (z.B. Ahrdorf-Jünkerath-Weywertz (1912) oder Erdorf-Bitburg-Irrel-Trier (1910-1915). Auch der Ausbau des Bahnhofs Weywertz, der Bau der Unterführungen im Bahnhof Lommersweiler und die Anlage von Überholgleisen in den Bahnhöfen Reuland und Lengeler fallen in diese Zeit; ankommende Truppen sollten hier schnell umsteigen können bzw. weiterbefördert werden.
Und schließlich gab es 1914 erste Pläne für eine Verbindung von St.Vith nach Losheim (Ourtalbahn). Lokale Persönlichkeiten hatten sich jahrelang bemüht, eine solche Verbindung zu verwirklichen; noch 1911 hatte der Manderfelder Bürgermeister eine entsprechende Bittschrift an den preußischen Kronprinzen geschickt. Militärische Interessen schienen das Vorhaben nun plötzlich zu beschleunigen.
Zu Beginn des Krieges stand im Westen denn auch ein gut ausgebautes und leistungsfähiges Eisenbahnnetz zur Verfügung, das einen raschen Aufmarsch sowie schnelle Truppenverschiebungen ermöglichte. Als Transportmittel par excellence sorgte die Bahn für den reibungslosen Ablauf der ganzen Operation. Zwischen Straßburg und Wesel standen 15 Eisenbahnbrücken als Rheinübergänge und 13 voneinander unabhängige zweigleisige Bahnstrecken zur Verfügung. Für die Verschiebungen zwischen dem rechten und dem linken Heeresflügel konnte man zudem noch 4 zweigleisig ausgebaute Strecken durch die Eifel, beiderseits des Rheins und über Karlsruhe-Frankfurt-Gießen-Köln nutzen. So konnten vier Armeekorps (je 40.000 Mann) innerhalb von nur drei Tagen von einem Abschnitt zum anderen transportiert werden.
Drei deutsche Armeen mit einer Gesamtstärke von 1,6 Millionen Mann waren Anfang August per Bahn an die Westgrenze des Reiches gebracht worden und warteten auf den Befehl zum Abmarsch.